Bereits publizierte Forschungsprojekte aus unser Gruppe zum Thema Post-Covid
Auch wenn bislang noch keine ursächliche Therapie zur Behandlung des Post-Covid-Syndroms möglich ist, so gibt es klare Hinweise, das eine Behandlung der verschiedenen Symptome im Rahmen einer interdisziplinären Rehabilitation unter der eng abgestimmten Zusammenarbeit von Ärzten, Psychologen, Pflege und den verschiedenen Therapieabteilungen sinnvoll ist und Aktivität und Teilhabe verbessern kann. Dabei ist es wichtig, dass auch eine an der individuellen Belastbarkeit der Betroffenen orientierte aktivierende Therapie sowie Sport- und Bewegungstherapie hilfreich und nicht schädlich ist. HIer finden Sie die deutschen Zusammenfassungen und die Quelle:
Erste Ergebnisse einer stationären post-COVID Reha
(First results from post-COVID inpatient rehabilitation)
Ob eine klassische, stationären Rehabilitation für post-COVID Patientinnen und
Patienten tatsächlich der richtige Weg sein könnte, wird angesichts des
komplexen Krankheitsgeschehens diskutiert. Multimodale Therapien mit
somatomedizinische und psychotherapeutischen Inhalten scheinen aber sinnvoll zu
sein. Hier liegen nun erste Daten vor.
Hier werden Befunde aus einer prospektiven Beobachtungsstudie mit Kontrollgruppen
vorgelegt, mit standardisierten psychologischen Testungen (BDI-II, HELATH-49)
und einem ogenannten „Six Minutes Walk“ s (6-MWT) mit zwei Messpunkten (zu
Beginn und am Ende).
Bei
Aufnahme zeigten die Post-COVID-Patienten eine signifikante Krankheitsbelastung
hinsichtlich der Depressivität, jedoch weniger ausgeprägt als psychosomatische
oder psychokardiologische Patienten. Während der Rehabilitation konnten
Symptome in allen Beschwerdebereichen und Untergruppen effektiv reduziert
werden, mit großen positiven Effekten auf Aktivität und Teilnahme und mittleren
bei der Selbstwirksamkeit. Im 6-MWT verbesserte sich die Gehstrecke um
durchschnittlich 76 Meter. Kein einziger Patient verschlechterte sich dabei,
was ein mögliches Zeichen für Post Exercise Malaise (PEM) wäre. Fazit:
Post-COVID-Patienten haben eine geringere psychische Belastung als
psychokardiologische oder psychosomatische Patienten. Obwohl Rehabilitation
nicht kurativ ist können, Post-COVID-Patienten erheblich von den Interventionen
profitieren.
Kupferschmitt A, Langheim E, Tüter H, Etzrodt F, Loew TH, Köllner V. First results from
post-COVID inpatient rehabilitation. Front Rehabil Sci. 2023 Jan 23;3:1093871.
doi: 10.3389/fresc.2022.1093871. PMID: 36756465; PMCID: PMC9899863.
Bedeutung des post-COVID Syndroms in der stationären Reha (PoCoRe): Studienprotokoll
einer interdisziplinären Multicenter-Studie
(Relevance of the post-COVID syndrome within rehabilitation (PoCoRe):
study protocol of a multi-centre study with different specialisations)
Bei Patienten mit Post-COVID-Syndrom können neben körperlichen auch kognitive
Einschränkungen, Müdigkeit, Atemnot sowie Depressionen und Angststörungen
vorliegen. Bisher (Stand Mai 2022) haben sich ca. 514 Millionen Menschen
weltweit mit SARS-CoV-2 infiziert, in Deutschland betrifft dies ca. 25
Millionen. In Deutschland könnten potenziell 2,5 Millionen Menschen vom
Post-COVID-Syndrom betroffen sein. Post-COVID ist daher ein hochrelevantes
Thema für die öffentliche Gesundheit. Bisher gibt es keine spezifische kausale
Therapie für das Post-COVID-Syndrom, aber mit multimodaler symptomorientierter
Rehabilitation kann der Verlauf günstig beeinflusst werden. Allerdings gibt es
noch keine Studie, die sich auf Patienten in unterschiedlichen
Rehabilitationsindikationen konzentriert und die Schwerpunktsymptomatik und
Bewältigungsstrategien sowie den Patientennutzen pro Indikation vergleicht.
Erster Schwerpunkt sind pulmonale, kardiale, neurologische, kognitive oder/und
psychische Funktionseinschränkungen bei Rehabilitationspatienten nach einer
COVID-19-Erkrankung. Der zweite ist die kurz und mittelfristige Prognose unter
differenzierter Berücksichtigung der konkreten kurz- und längerfristigen
Maßnahmen und Optimierung therapeutischer Interventionen. Diese prospektive, nicht
randomisierte, kontrollierte Längsschnittstudie sowie Mehrgruppenvergleiche
wird in sieben Rehakliniken unterschiedlicher Fachrichtungen durchgeführt.
Innerhalb von 12 Monaten werden 1000 Fälle in allen teilnehmenden Zentren
aufgenommen. An drei Messpunkten werden somatische und psychologische Tests
durchgeführt: Aufnahme (t0), Entlassung (t1), 6-Montas Katamnese (t2). Die
Patienten erhalten die gewohnte Betreuung nach den jeweiligen
Rehabilitationsschwerpunkten, angepasst an die besonderen Herausforderungen der
Post-COVID-Symptomatik. Als Kontrollgruppe werden Patienten der
Post-COVID-Ambulanz ohne Rehabilitation herangezogen.
DieseStudie wird es erlauben zu beurteilen, inwieweit subklinische neurologische
oder/und psychische Beeinträchtigungen in der Post-COVID-19-Rehabilitation
vorliegen und die Ergebnisse dabei helfen, geeignete Behandlungskonzepte zu
entwickeln, bereitzustellen und zu evaluieren. Dies kann auch relevante
Auswirkungen auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
von Post-COVID-19-Patienten haben und die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr an
den Arbeitsplatz erhöhen. Studienanmeldung Z-2022-1749-8, angemeldet am 03.
Februar 2022, https://studienanmeldung.zks-regensburg.de
Kupferschmitt A, Hinterberger T, Montanari I, Gasche M, Hermann C, Jöbges M, Kelm S, Sütfels
G, Wagner A, Loew TH, Köllner V. Relevance of the post-COVID syndrome within
rehabilitation (PoCoRe): study protocol of a multi-centre study with different
specialisations. BMC Psychol. 2022 Jul 29;10(1):189. doi:
10.1186/s40359-022-00892-8. PMID: 35906662; PMCID: PMC9335465.
Bericht über deutschlandweite stationäre Patientendaten zum Post-COVID-19-Syndrom
einschließlich der jährlichen direkten Gesundheitskosten
(A Comprehensive Report of German Nationwide Inpatient Data on the Post-COVID-19
Syndrome Including Annual Direct Healthcare Costs)
Das Ziel dieser Studie war, einen umfassenden Überblick über landesweite Daten in
Deutschland zu geben, einschließlich der Anzahl der Fälle von
post-COVID-Syndrom (PCS) im Krankenhaus, einschließlich der Sterblichkeitsraten
im Krankenhaus und der Behandlungen auf der Intensivstation, der wichtigsten
häufige Begleitdiagnosen im Zusammenhang mit PCS, die am häufigsten
durchgeführten Behandlungsverfahren und die jährlichen direkten
Gesundheitskosten.
Die Inzidenz wurde anhand der jährlichen ICD-10-Diagnosecodes „U09.9,
Post-COVID-19-Zustand“ berechnet. Daten zu Begleitdiagnosen,
Behandlungsverfahren, Behandlung auf der Intensivstation,
Krankenhaussterblichkeit, G-DRG-Anteil und kumulierte Kosten wurden auf Basis
der Daten des Instituts für das Entgeltsystem (InEK) für das Jahr 2019
ausgewertet .
Insgesamt konnten 29.808 stationäre PCS-Patienten identifiziert werden, was einer
Prävalenz von 5,5 % entspricht. Insgesamt wurden 1330 (4,5 %) Todesfälle im
Krankenhaus verzeichnet, und 5140 (17,2 %) Patienten mussten auf der
Intensivstation behandelt werden. Die Mehrheit der Patienten (18,6 %) war
zwischen 65 und 74 Jahre alt. Die häufigsten Begleitdiagnosen waren Pneumonie,
Critical-Illness-Polyneuropathie, Dyspnoe, Chronic Fatigue Syndrome und
Lungenembolien. Die am häufigsten durchgeführten Verfahren waren die
Computertomographie des Thorax mit Kontrastmittel, die
Ganzkörperplethysmographie und die Überwachung von Atmung, Herz und Kreislauf.
Die Fallkosten der analysierten G-DRG-Codes reichten von 620 ± 377 € (E64D, respiratorische
Insuffizienz, ein Tag Belegung) bis 113.801 € ± 27.939 € (A06B, Beatmung >
1799 h mit aufwendiger OP-Prozedur). Insgesamt wurden kumulierte direkte
Gesundheitskosten von 136.608.719 € berechnet, was zu durchschnittlichen Kosten
von 4.583 € pro Fall führte.
Das post-COVID-Syndrom ist von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit mit
erheblichen finanziellen Auswirkungen. Der vorliegende Artikel kann Akteure in
Gesundheitssystemen dabei unterstützen, zukünftige Bedürfnisse vorherzusehen und
ihr Ressourcenmanagement anzupassen. Einvernehmliche diagnostische Kriterien
und Rehabilitationsrichtlinien sind sehr gerechtfertigt.
Walter N, Rupp M, Lang S, Leinberger B, Alt V, Hinterberger T, Loew T. A Comprehensive
Report of German Nationwide Inpatient Data on the Post-COVID-19 Syndrome
Including Annual Direct Healthcare Costs. Viruses. 2022 Nov 22;14(12):2600.
doi: 10.3390/v14122600. PMID: 36560604; PMCID: PMC9781151.
Klinik des post-COVID-Syndrom 10 Monate nach Krankenhausaufenthalt bei Patienten der
ersten Welle
(Associations of Post-Acute COVID syndrome with
physiological and clinical measures 10 months after hospitalization in patients
of the first wave)
Zum besseren Verständnis der Faktoren, die dem postakuten COVID-Syndrom zugrunde
liegen, untersuchten wir die Beziehung zwischen Symptomen und funktionellen
Veränderungen bei COVID-19-Patienten 10 Monate nach dem Krankenhausaufenthalt.
Methoden:
101 Patienten, die zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 ins Krankenhaus
eingeliefert wurden, nahmen an einer Nachuntersuchung zur Beurteilung der
klinischen Vorgeschichte, Komorbiditäten, Lungenfunktion, körperlichen
Leistungsfähigkeit und Symptome teil, einschließlich der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität, Depressivität und somatoformen Symptomen. Die Daten wurden
durch univariate Vergleiche und multiple logistische Regressionsanalysen
untersucht.
Das Durchschnittsalter betrug 60 Jahre, 42 % waren weiblich, 76 % hatten mindestens
eine Komorbidität, die mediane Dauer des Krankenhausaufenthalts betrug 8 Tage,
19 % waren auf der Intensivstation. Die häufigsten Symptome waren Kurzatmigkeit
(49 %), Müdigkeit (49 %) und kognitive Beeinträchtigung (39 %). Anzeichen einer
schweren Depression (PHQ-9-D ≥ 10) traten bei 28 %/2 % (p < 0,05) der
Patienten mit/ohne selbstberichteter kognitiver Beeinträchtigung auf, wobei der
mediane gesundheitsbezogenen Lebensqualitäts-Wert (SGRQ-Score 25,4/5,3 (p <
0,05)) betrug. Es gab Zusammenhänge zwischen Kurzatmigkeit und BMI, SGRQ und
Hämoglobinwerten; zwischen Müdigkeit, SGRQ und PHQ-9-D; und zwischen kognitiver
Beeinträchtigung und PHQ-9-D (jeweils p < 0,05), aber nicht mit
Lungenfunktion oder körperlicher Leistungsfähigkeit. Merkmale der akuten
Erkrankung standen in keinem Zusammenhang mit Symptomen.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten 10 Monate nach der Krankenhausbehandlung
aufgrund von COVID-19 der Anteil von Patienten mit Symptomen hoch war. Die
Symptome zeigten ein konsistentes Muster, konnten jedoch nicht auf eine
veränderte Lungenfunktion oder körperliche Leistungsfähigkeit zurückgeführt
werden. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass alternative Ursachen, einschließlich
psychosozialer Faktoren, eine Rolle spielen.
Staudt A, Jörres RA, Hinterberger T, Lehnen N, Loew T, Budweiser S. Associations of
Post-Acute COVID syndrome with physiological and clinical measures 10 months
after hospitalization in patients of the first wave. Eur J Intern Med. 2022
Jan;95:50-60. doi: 10.1016/j.ejim.2021.10.031. Epub 2021 Nov 25. PMID:
34838369; PMCID: PMC8612867.
Ausgeprägte Fatigue, aber keine motorische Ermüdbarkeit bei nicht hospitalisierten
Patienten mit Post-COVID-Syndrom
(Prominent Fatigue but No Motor Fatigability in Non-Hospitalized Patients With
Post-COVID-Syndrome)
Müdigkeit ist ein häufiges und häufig beeinträchtigendes Symptom bei Patienten mit
Post-COVID-Syndrom. Um die motorischen Ermüdung im Zusammenhang mit dem
Post-COVID-Syndrom besser zu verstehen und zu bewerten, haben wir
Laufband-Gehtests durchgeführt, um das Phänomen besser zu diagnostiezieren und
evaluieren zu können und ob Hinweise auf organische Läsionen des motorischen
Systems gefunden werden könnten, ähnlich wie Patienten mit Multipler Sklerose.
29 nicht hospitalisierte Patienten mit Post-COVID-Syndrom füllten den Fatigue
Scale for Motor and Cognitive Function (FSMC)-Fragebogen aus, um die
Merkmalskomponente der subjektiven Müdigkeit zu bestimmen, bevor sie auf einem
Laufband mit mäßiger Geschwindigkeit für bis zu 60 min oder bis zur
individuellen Erschöpfung. Während des Gehtests wurden Sauerstoffaufnahme-,
Ventilations- und Beschleunigungsdaten beider Füße erhoben. Zur Bestimmung der
motorischen Leistungsermüdbarkeit wurde der Fatigue Index Kliniken Schmieder
(FKS) berechnet.
Die durchschnittliche Geh-Dauer betrug 42,7 ± 18,6 min, wobei 15 Probanden den
Gehtest vorzeitig abbrachen. Der FSMC-Score zeigte im Durchschnitt eine schwere
kognitive (37,6 ± 8,2) und motorische (37,1 ± 7,8) Ermüdung bei allen
Probanden, aber nur zwei Probanden zeigten eine FKS über dem normalen Bereich
(>4), was eine Leistungsermüdung abbilden soll. Es gab keine signifikante
Korrelation zwischen subjektiver Erschöpfung (FSMC) und FKS und der realen
Gehzeit. Die absoluten Werte der Sauerstoffaufnahme und Ventilation lagen im in
der Literatur angegebenen normalen Bereich (r = 0,9, p < 0,05).
Fast alle Patienten mit Post-COVID-Syndrom und subjektiv schwerer motorischer
Ermüdung zeigten weder eine motorische Ermüdung noch schwere
Stoffwechselanomalien. Dies spricht gegen organische, bleibende Schäden am
motorischen System, anders als MS. Viele der Patienten waren zu unserer und
ihrer eigenen Überraschung motorisch belastbarer als erwartet.
Weich C, Dettmers C, Saile R, Schleicher L, Vieten M, Joebges M. Prominent Fatigue
but No Motor Fatigability in Non-Hospitalized Patients With
Post-COVID-Syndrome. Front Neurol. 2022 Jul 1;13:902502. doi:
10.3389/fneur.2022.902502. PMID: 35847205; PMCID: PMC9283824.